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Deutschland
(Text und Fotos: Hartwig Weber,  2009/2011)
 

 
Bevölkerung. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein dicht besiedeltes Land. Auf einer Fläche von 357 027 Quadratkilometer leben etwa 82 Millionen Einwohner. Dies entspricht einer Bevölkerungsdichte von 230 Personen je Quadratkilometer (Europäische Union: 116 / qkm).
 
Wie in den meisten Industrieländern ist die junge Generation relativ schwach vertreten; die Lebenserwartung steigt, und dementsprechend verschiebt sich die Altersstruktur immer mehr zugunsten älterer Menschen. Schon heute gibt es in Deutschland mehr 65jährige als 15jährige Menschen. Immer weniger Familien leben mit Kindern unter einem Dach, gleichzeitig nimmt die Zahl der Einzelpersonenhaushalte zu. Aber Ehepaare mit Kindern stellen noch etwa drei Viertel der Familien in Deutschland.
 
In Deutschland ist Migration ein Massenphänomen. 19 Prozent der Bevölkerung sind Menschen mit Migrationshintergrund (15 Millionen Personen). 
 
Arbeitslosigkeit, Armut. Die Zahl der Arbeitslosen ging in Deutschland von 2006 auf 2007 stark zurück und betrug Ende 2009 3.229.000 Personen. Fast 6 Millionen Menschen erhielten Lohnersatzleistungen oder staatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Das waren 320 000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der Jugendlichen, die für das bereits begonnene Ausbildungsjahr noch Lehrstellen suchen, ist verhältnismäßig klein (vgl.
http://www.pub.arbeitsagentur.de/hst/services/statistik/000000/html/start/monat/aktuell.pdf). Arbeitslose sind mehr als andere von Armut bedroht. Dies trifft auch für Menschen mit Migrationshintergrund und kinderreiche Familien zu.
 
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind in Deutschland etwa 15 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. Würde man die Sozialleistungen des Staates nicht berücksichtigen, so stiege die Quote sogar auf etwa 25 Prozent. Haushalte mit einem allein erziehenden Elternteil gehören in Deutschland zu den am stärksten armutsgefährdeten sozialen Gruppen. Ähnlich steht es um allein lebende Menschen – von ihnen verfügen etwa 30 Prozent über ein Einkommen, das unterhalb des Schwellenwertes für Armutsgefährdung liegt.

Nr: 453 Armut in Deutschland nach Altergruppen

 
In Deutschland leben relativ viele Kinder in Armut. Das ist erstaunlich, denn der Staat bezahlt den Eltern überdurchschnittlich viel Geld, mehr als in den meisten führenden Industrieländern. 
Ein großer Teil der öffentlichen Mittel, 40 Prozent der Hilfen, werden direkt an die Eltern ausbezahlt. Trotzdem lebt in Deutschland jedes sechste Kind in relativer Armut. Im Durchschnitt der OECD-Länder (OECD = Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ist es nur jedes achte, in Dänemark lediglich jedes 37. Kind. Die meisten Länder, allen voran Dänemark, Finnland und Schweden, geben das meiste Geld für Bildung aus, Korea und die Schweiz 90 Prozent. Deutschland investiert dafür nur 45 Prozent (vgl. DIE ZEIT, 24. September 2009, S. 33). 
 
Kluft zwischen Reich und Arm. Früher galt die Bundesrepublik als Hort sozialer Ausgeglichenheit. Die Einkommensunterschiede waren vergleichsweie gering. In den letzten Jahren aber hat sich Deutschland zu einer "Heimat der Reichen und zugleich zu einem Heim der Habenichts" entwickelt (vgl. Kolja Rudzio: Gerecht war gestern, in: Die Zeit, 18. August 2011, S. 19). Die Kluft zwischen Arm und Reich war nie so tief. Seit Jahrzehnten werden die Reichen reicher, die Armen ärmer. Die Mittelschicht ist geschrumpft, der Niedriglohnsektor gewachsen. Manche wähnen, das deutsche Wirtschaftssystem diene nur den Wohlhabenden. Die zehn Prozent Haushalte mit dem höchsten Einkommen haben über zehnmal so viel Geld zur Verfügung wie die zehn Prozent mit dem niedrigsten Einkommen. 2004 lagen 12 Prozent aller Deutschen unter der relativen Armutsschwelle, 2008 waren es schon 15,5 Prozent. Noch extremer sieht es mit den Vermögen aus. 10 Prozent der Bevölkerung besitzen 56 Prozent des Eigentums. Der unteren Hälfte der Bundesbürger gehört nahezu nichts - sie verfügt über lediglich zwei Prozent aller Vermögenswerte.
 
 

Die Bundesrepublik Deutschland gehört zu den fünf reichsten Ländern der Welt. Allerdings ist die Verteilung des Reichtums – des Einkommens wie des Vermögens – denkbar ungerecht. Die wachsende soziale Ungleichheit hat sich in den letzten Jahren dramatisch zugespitzt. Zwar konnte sich das Privatvermögen in der Vergangenheit von 4,5 auf 9 Billionen verdoppeln. Der überwiegende Teil davon ist jedoch in Händen der obersten fünf bis zehn Prozent der Sozialhierarchie. 20 Prozent der Bevölkerung verfügen über 43,5 Prozent der Einkommen und Vermögen. Seit 2011 wächst die Ungleichheit in Deutschland insbesondere wegen 8 Millionen Erwerbstätigen in Teilzeitarbeit und mit Minijobs. Zwei Drittel des Privatvermögens gehören einem Zehntel der Bevölkerung. Aufgrund der wachsenden Ungleichheit befürchten manche Beobachter eine existentielle Gefährdung des Gemeinwesens.

(nach Hans-Ulrich Wehler, Die Zeit, 7. Februar 2013, S. 47)

 
 
 
Angesichts der immer tiefer werdenden Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern und der andauernden Integrationsprbleme könnte sich in Deutschland und erst recht in anderen europäischen Ländern eine soziale Sprengkraft aufbauen, die es in der Vergangenheit so nicht gab.
 

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 07.07.2015 (s. admin)Online Kompetenz  |  Sitemap  |    |