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Straßenkinder in Kenia
(von 
Mwakai Shake, Nairobi, Mai 2009; Übersetzung aus dem Englischen: Maren Basfeld: Fotos: Don Bosco, Bonn))


KleinkinderStatistiken und Fakten
Soziodemographische Daten zu Kenia
Politische Fakten
Sozialbericht
Straßenkinder: Lebensschicksale
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Statistiken und Fakten
Der größte Teil der Straßenkinder in Kenia geht aus innerfamiliärer Trennung und Verantwortungslosigkeit, finanziellen Nöten (mehr als 60 Prozent leben unter der Armutsgrenze), sexuellem Missbrauch, zerbrochenen Familien, Randgruppen, Drogenmissbrauch oder dem Tod der Eltern hervor. 2009 wurden 300,000 Straßenkinder gezählt, wovon 50,000 allein in Nairobi leben. Des Weiteren werden Kinder in den sog. Straßenfamilien auf der Straße geboren und wachsen somit von Anfang an auf der Straße auf. Einige diese Kinder kommen vom Land in die Städte mit der Hoffnung, hier Arbeit zu finden und Geld zu verdienen. Doch sie alle bleiben ohne Erfolg. Sie finden weder eine Arbeit noch ein Dach über dem Kopf. So landen sie auf der Straße und treffen dort auf viele Straßenfamilien. Ihnen schließen sie sich an oder bilden neue eigene "Familien" und lernen auf diese harte Weise, in den Straßen zu überleben. Mit der Zeit wird dieses Leben zur Routine. Es wird zum einfachen und im Besonderen billigen Leben. Für einen Außenstehenden ist dieser Lebenswandel jedoch schwer nachvollziehbar. Bis zu 90 Prozent aller Straßenkinder sind in Kenia drogenabhängig, Kleber ist das billigste und gängigste Rauschmittel.

Immer wieder versucht die Regierung von Kenia, Rehabilitationsprogramme für diese Straßenfamilien zu etablieren, stößt dabei aber auf vehementen Widerstand (http://kitchener.fr.craigslist.ca/vol/1255403283.html). Eines dieser Pogramme nimmt Straßenkinder in einer Institution auf, um ihnen verschiedene Kompetenzen und Fertigkeiten zu vermitteln. Doch die meisten Kinder und Jugendlichen, die auf diese Weise von der Regierung "eingefangen" werden, um sie einzuschulen, gehen wieder auf die Straße zurück. Dies ist jedoch nicht bei allen der Fall. Einige der Straßenkinder reagieren sehr positiv auf das Programm.

Ich kann mich an zwei Brüder erinnern, die wir damals in unserer Schule aufnahmen. Sie wurden vom Bürgermeister gebracht. Er bat uns, diesen Kindern, die einige Zeit auf der Straße gelebt hatten, zu helfen. Ihre Mutter war geisteskrank, und somit waren die Jungen Zuhause vernachlässigt worden. Sie beschlossen, auf die Straße zu gehen und im Müll nach Essbarem zu suchen (über 21 Prozent aller Kinder haben Untergewicht). Sie sammelten Metallschrott und andere Dinge, die sich verkaufen ließen. Auf der Straße gewöhnten sie sich einen rauen Umgangston und ein entsprechendes Benehmen an. In der Schule bedrohten sie die Lehrer mehrere Male. So wurden sie der Schule wieder verwiesen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Soziodemographische Daten zu Kenia
Statistiken spielen in der nationalen Entwicklung Kenias eine auschlaggebende Rolle. Bevölkerungs- und Haushaltszählungen sind bis heute die aussagekräftigsten Informationsquellen des Landes. Schätzungen und Zählungen durchzuführen, trägt demnach maßgeblich zur Verbesserung statistischer Informationen zur Planung und Durchführung der vom Land gesetzten Entwicklungsziele bei (siehe auch unter: http://portal.unesco.org/education/fr/files/51668/11634960855Omosa-EN.pdf/Omosa-EN.pdf).

Im Jahre 1969, nach Erlangen der Unabhängigkeit, begann die Praxis, alle zehn Jahre eine Zählung und Erhebung durchzuführen, da zuvor nur auf Daten aus dem Jahre 1948 zurückgegriffen werden konnte. Die nächste Erhebung wird im August 2009 stattfinden. Die gesammelten Daten vermitteln Informationen über Verteilung, Einwohnerdichte und andere soziodemographische Daten über Kenia und seine Bevölkerung. Hierbei sollen auch die kleinsten Dörfer, vor allem im Hinblick auf die Kindersterblichkeit, berücksichtigt werden. Im Jahre 1999 ergaben die Zählungen, dass Kenias Population 28,7 Millionen stark war, 2007 waren es 37 Millionen. Im Jahre 2010 soll die Zahl auf 40 Millionen Einwohner gestiegen sein.

Das momentane Bevölkerungswachstum ist Kenias größte Herausforderung. Erhoben wurden 36 Prozent der Bevölkerung im Alter von 10 - 24 Jahren. 50 Prozent sind unter 18 Jahren. Diese Gruppe steht unter dem hohen Risiko früher Schwangerschaften, sexueller Ausbeutung und Abtreibung sowie sexuell übertragbarer Krankheiten einschließlich HIV und Aids (bis zu 20 Prozent der Bevölkerung, 2004). Drogenmissbrauch und Armut steigen stetig an.

Politische Fakten
Am 1. Juni 1963 erlangte Kenia seine Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft. Im November 1964 vereinten sich die größeren politischen Parteien KANU, KADU und APP zur Regierung einer nationalen Einheit, die Kenia zum Einparteienstaat machten. Die Regierung rief das Einkammerparlament aus und schaffte damit das Upper House und das Lower House der britischen Kolonialregierung ab. In Kenia wurde am 12. Dezember 1964 die Republik ausgerufen und Jomo Kenyatta zum ersten Präsidenten ernannt. Ogiga Odinga formte die erste Oppositionspartei im Jahre 1966. Mzee Jomo Kenyatta starb 1978, und Daniel Arap Moi wurde sein Nachfolger und damit zweiter Präsident Kenias. 1982 gab es einen Putschversuch, der aus der Einführung der Mehrparteiendemokratie von 1991 hervor ging. 1992 wurde dann die erste Mehrparteienwahl abgehalten, die KANU gewann, und Daniel Arap Moi wurde als Präsident in seinem Amt bestätigt. 2002 vereinte Mwai Kibaki einige Parteien und formte die Partei NARC als Koalitionspartner der KANU. Mit dieser Partei gewann er die Präsidentenwahl und wurde der dritte Präsident Kenias. Im Jahre 2007 gab es wieder Wahlen. Doch als die Wahlergebnisse für die Präsidentschaft bekannt gegeben wurden, gab es Unruhen in den verschiedenen Stämmen, die gegen diese protestierten. Eine Koalition wurde geformt, in der Mwai Kibaki zum Präsidenten und Rail Amollo Odinga zum Premierminister ernannt wurden.

Sozialbericht
In Kenia gibt es 42 verschiedene Stämme, die auf unterschiedlichste Weisen miteinander verkehrten. Jeder Stamm ist aus mehreren Familienclans zusammengesetzt, die einen Unterstamm bilden, der von traditionellen Regeln und Gewohnheiten sowie Bräuchen geregelt und zusammengehalten wird. Rhythmen, Lieder, Sprichwörter und Geschichten werden bis heute erzählt, um diese Bräuche an die Jugend weiter zu tragen. Neugeborene bekommen innerhalb der ersten sieben Lebenstage ihren Namen und werden im Alter von vier bis sieben Jahren initiiert. Die Namen kommen von berühmten Kriegern, Ahnen, Großvätern oder der Jahreszeit, in der sie geboren werden. Beschnitten werden Jungen wie Mädchen in den Stämmen. Ehen innerhalb der Clans werden bevorzugt und unterstützen, neben den gemeinsamen Zeremonien und Riten, wie zum Beispiel bei Beerdigungen, den Zusammenhalt.

Die meisten der Gemeinschaften unterscheiden sich in der Tradition des Essens und der Kleidung. Tänze und Spiele unterscheiden sich von Stamm zu Stamm, genauso, wie die Kunst, mit Pfeil und Bogen umzugehen, zu ringen oder Bullen zu jagen.

 
Straßenkinder: Lebensschicksale

Ich habe einige Straßenkinder interviewt, um die oben genannten Exklusionsfaktoren zu belegen.

KAMAU
Kamu ging auf die Straße, da seine Eltern gestorben waren und es niemanden gab, der sich um ihn hätte kümmern wollen. Er ist ein Waisenkind von ungefähr 15 Jahren.

TOM
Tom kommt aus einer zerbrochenen Familie. Als die Familie auseinanderbrach, lebte Tom zusammen mit seiner Mutter, die kurze Zeit später begann, als Prostituierte zu arbeiten. Sie trank viel Bier und vernachlässigte Tom zusehends. Sein Vater kümmerte sich nie um ihn. So blieb Tom keine andere Wahl, als auf die Straße zu gehen und für sich selbst zu sorgen.

JAMES
James wurde von seinen Eltern sehr streng erzogen, körperlich gezüchtigt und wuchs ohne Liebe auf. So begann er, seinen Eltern aus dem Weg zu gehen und hielt sich vorwiegend außerhalb des Hauses auf. Auf diese Weise kam er in Kontakt mit anderen Jungen, die auf der Straße lebten. Er zog weit weg von seinen Eltern und lebt seither in einem anderen Stadtteil auf der Straße. James sagt, sehr gerne hätte er irgendeine Beschäftigung, und gerne würde er eine Schule besuchen.

JUMA
Während seiner Gymnasialzeit war Juma mit Freunden zusammen, die Drogen konsumierten. Am Ende wurde er selbst abhängig. Die einzige Möglichkeit, in den Schulferien an Drogen zu kommen, bot sich ihm auf der Straße bei den Straßenkindern. Dies ging eine ganze Weile so, bis die Eltern und die Lehrer überhaupt etwas bemerkten. Die Schule und die Eltern übten Druck auf ihn aus, um herauszufinden, was er den ganzen Tag auf der Straße machte. Diesen Druck hielt er nicht aus, und so verließ Juma die Schule. Nach Hause konnte er auch nicht mehr, aus Angst vor der Reaktion seiner Eltern. So ging er zu seinen Freunden auf die Straße und versorgt nun selbst andere Kinder aus der Schule mit Drogen.

DIDIER HABANABAKIZE
Didier und sein Bruder Oliver kommen aus Rwanda. Sie verließen das Land wegen des Krieges. Ihr Vater war nach Tansania geflohen und in einem der Flüchtlingscamps gestorben. Didiers Mutter gelang es, mit ihren zwei Kindern nach Kenia zu entkommen. Sie war wieder schwanger. Die beiden Jungen waren damals noch sehr klein, an Rwanda können sie sich nicht erinnern. Sie kennen Rwanda nur aus den Erzählungen ihrer Mutter. Als sie mit ihrer Mutter in Kenia ankamen, gebar sie ein kleines Mädchen, das nach neun Monaten starb.

Didiers Mutter arbeitete an unserer Schule als Schulbusbegleitung und kümmerte sich um die Schulkinder auf dem Weg zur Schule und nach Hause. Ihre beiden Jungen haben unsere Grundschule besucht. Als sie in der Sekundarstufe waren, ging ihre Mutter zurück nach Rwanda, um ihre Familie aufzusuchen und ihren Landbesitz wieder zu bekommen. Bevor sie etwas ausfindig machen konnte, verstarb sie in Rwanda. Didier und sein älterer Bruder Oliver blieben als Waisen in Nairobi zurück. Sie sind nun eng mit der Schule verbunden, da dort das einzige Zuhause ist, das ihnen das Leben noch gelassen hat.

Darüber bin ich sehr glücklich, denn ansonsten hätte ihre Situation sie sicher gezwungen, auf der Straße zu leben. Jetzt aber haben sie sich eingelebt und leben ein bescheidendes Leben wie viele Familien in Kenia. Didier arbeitet an Wochenenden als Hausvater unseres Internats. Er freut sich auf einen freiwilligen Dienst in Deutschland, trotz all seiner tragischen Familiengeschichten.


Letzte Aktualisierung dieser Seite: 23.09.2011 (s. admin)Online Kompetenz  |  Sitemap  |    |