![]() HIV und Aids
(Maren Basfeld, Juni 2010) Aids führt zu Verlust, Aids entwürdigt, Aids tötet. Und dennoch wird dieser Pandemie bis heute nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet. Der Irrglaube, es beträfe einen nicht, hat bereits vielen das Leben gekostet. Aids kann man nicht sehen, ein HIV-negativer Mensch ist von einem HIV-positiven nicht zu unterscheiden. Deshalb machen sich viel zu wenige Menschen Gedanken über Aufklärung und Verhütung. Zu 90 Prozent aller Fälle wird der Virus durch ungeschützten sexuellen Kontakt über Spermien und Scheidenflüssigkeit übertragen. Weitere Übertragungsmöglichkeiten sind Blut oder Muttermilch. Der sexuelle Aspekt veranlasst viele dazu, HIV und das Syndrom Aids zu moralisieren, dem Kranken die Schuld an seiner Infektion zuzuschreiben. Er wird vom Kranken zum Sünder. Bei seiner letzten Afrikareise präsentierte Papst Benedikt XIII. dies nur all zu deutlich und vertrat ein weiteres Mal die Doktrin des Kirchenvaters Augustinus, die besagt, dass Sexualität Sünde, Verhütung durch Kondome Teufelszeug sei. Diese Einstellung hat verhindert, dass viele Millionen Menschen von einer Ansteckung verschont blieben. Die Rolle der Kirche spielt beim Erfolg und der Umsetzung von Präventivmaßnahmen wie Aufklärung und Verhütung eine signifikante Rolle. Zahlen und Fakten Zahlen und Fakten
„HIV ist ein Zustand des absoluten Verlustes. Du verlierst die, die du liebst. Du verlierst deine Freunde, deine Arbeit, deine Zukunft. Nichts bleibt außer Verlust. Aber irgendwann hört es auf. Dann bist du (…) so leer, dass du nichts mehr zu verlieren hast..." (Nais Mason (2009), S. 154). Neben gesundheitlichen Problemen schaffen HIV und Aids schwerwiegende psycho-soziale wie ökonomische Probleme. Schon lange sind HIV und Aids kein Phänomen von Randgruppen und Dritter Welt mehr. Jede Minute infizieren sich zehn Menschen weltweit mit dem HI-Virus, die Tendenz ist steigend. Das sind bis zu 7.500 Neuinfektionen und 5.500 Aidstote pro Tag. Bis zu 40 Millionen Menschen sind weltweit infiziert, mindestens 25 Millionen sind an den Folgen des Aidssyndroms seit Entdeckung der HIV-Infektion 1980 gestorben (http://ipsnews.net/news.asp?idnews=43894: 11.01.2010). Momentan leben 33 Millionen HIV-positive Menschen weltweit (UNAIDS 2009). Davon sind 2,3 Millionen Kinder (UNICEF 2007). Im Jahr 2007 infizierten sich 420.000 Säuglinge durch Schwangerschaft und Geburt mit dem Virus (vgl. Nais Mason (2009), S. 10). Bis heute zählt man 25 Millionen Aidstote. Zwei Drittel der Infizierten leben im Südlichen Afrika, die meisten sind Frauen. Jede Minute infizieren sich weltweit zehn Menschen mit dem HI-Virus. HIV und Aids betreffen alle - Kinder, Eltern, Partner, Freunde, Versorger und Arbeitskräfte, Lehrer und Politiker. Nais Mason, UN Botschafterin und selbst HIV-positiv, spricht von Verlust, ein multidimensionaler Verlust, den die Krankheit und ihre Folgen nach sich zieht. Am härtesten trifft dieser Verlust die Kinder. 2,3 Millionen sind HIV-positiv. Viele werden nie das Schulalter erreichen oder die Schule beenden. Ihre Kindheit ist geprägt vom bitteren, schmerzhaften und grausamen Kampf ums Überleben. 25 Millionen Kinder haben bereits ihre Eltern durch HIV und Aids verloren, sind Aidswaisen. Das sind mehr als doppelt so viele Kinder wie in Deutschland leben. 12 Millionen dieser Waisen leben in Afrika, alle 15 Sekunden kommt ein weiteres hinzu. Südafrika weist derzeit die höchste Prävalenz vor. Deutschland gehört zu den Ländern mit geringeren Zahlen, dennoch infizieren sich pro Jahr schätzungsweise 3000 Menschen mit dem Virus. In der Debatte um HIV und Aids sowie in der Praxis nimmt man dem Status entsprechend eine fragwürdige Einteilung der Menschen in positive und negative vor (vgl. hierzu Greene (2007), S. 8). HIV und Aids belasten negativ, sind in jedem Fall stark stigmatisierend. Man schätzt die Zahl der Infizierten in Deutschland auf 63.500. Davon sind 75 Prozent Männer und 25 Prozent Frauen. Etwa 400 Kinder sind HIV-positiv. Zu 90 Prozent wurde der Virus durch sexuelle Kontakte übertragen. 65 Prozent aller Infektionen lassen sich bei Männern auf homosexuelle Kontakte zurückzuführen (vgl. RKI und UNAIDS, 2008). In Deutschland infizieren sich Heterosexuelle mittlerweile öfter als Drogenabhängige (intravenös), die bisher als die zweitgrößte Betroffenengruppe galten. 21 Prozent der HIV-Infektionen finden durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr statt, während "nur" noch 10 Prozent die Drogenabhängigen betreffen. Die Übertragung von der Mutter auf das un- oder neugeborene Kind macht weniger als ein Prozent der Fälle in Deutschland aus. Zurzeit leben rund 5.000 HIV-Infizierte mit dem Vollbild AIDS in Deutschland (vgl. UNAIDS 2008). In Südafrika hat sich die Situation verschärft. 2000 Neuinfektionen und 1000 Aidstote pro Tag erschüttern das Land am Kap (Grill/Hippler (2007), S. 52). 11 Prozent der Bevölkerung, insgesamt 5,2 Millionen Menschen sind in Südafrika infiziert. Dies betrifft zu 30 Prozent Männer, zu 70 Prozent Frauen. 90 Prozent der Infektionen lassen sich auf hetero-sexuelle Kontaktübertragung zurückführen. 5000 Säuglinge stecken sich monatlich durch Schwangerschaft, Geburt sowie Muttermilchübertragung an. In Südafrika leben 1,4 Millionen Aidswaisen. Bis 2015 wird es weitere 10,5 Millionen Aidstote geben! (UNAIDS 2009 sowie Grill/Hippler (2009), S. 96). Geschichte Im 14. Jahrhundert starben 25 bis 40 Millionen Menschen an der Pest in Europa. Bis heute ist das fürchterliche Ausmaß bekannt und in Quellen und Geschichtsbüchern nachzulesen. In Kirchen finden wir Abbildungen des „Schwarzen Todes". Die Pest der Moderne, Aids, überholt derzeit diese Zahlen in rasantem Tempo, und ein Ende scheint in weiter Ferne. Prävention, Solidarität und zugängliche, medizinische Versorgung müssen allerorts bewerkstelligt werden. Die Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) für 2015 werden nicht erreicht werden. Ziel ist es, die Pandemie einzudämmen und zum Rückgang zu zwingen. In Afrika wurde die Krankheit bereits in den 70er Jahren am Viktoriasee festgestellt. Die Symptome wurden unter dem Begriff „Slim" beschrieben. In Kalifornien, Amerika, tauchten sie zu Beginn der 80er Jahre vermehrt in der homosexuellen Szene auf. 1981 wies man den Virus in Spermienflüssigkeit und Blut nach. Bereits 1982 ließ er sich auch bei Frauen vermehrt nachweisen, und 1984 wurden seine Symptome mit der Abkürzung Aids benannt. Seitdem herrscht ein Kampf um medizinische Bekämpfungsmittel. Gerüchte, Mythen und wildeste Verschwörungstheorien haben sich um die Herkunft der Krankheit gebildet. Bis heute weiß man nicht ganz genau, wann und wo der Virus entstanden ist (vgl. u.a. http://aids.about.com/cs/aidsfactsheets/a/hivhis.htm, aufgerufen am 02.04.2010). HIV und Aids, drei Krankheitsstadien HIV gehört zu den Retroviren. Diese sind Krankheitserreger, „(…) deren genetische Informationen nicht auf der bekannten Doppelhelix der DNA sitzen, sondern auf dem Einzelstrang der RNA" (vgl. Nolen (2007), 28 Stories, S. 13). Viren brauchen zur Vermehrung fremde, sog. Wirtszellen. Es gibt zwei Spezies - HIV-1 und HIV-2. Erstere taucht häufiger auf und wurde bei Schimpansen (SIV) nachgewiesen. Wie er sich auf den Menschen übertragen hat, ist unklar. Die zweite Spezies, HIV-2, ist seltener und kommt von einer Mangabenart, „grüne Affen" (vgl. Nolen (2007), 28 Stories S. 18). Man vermutet, dass durch den Verzehr von Affenfleisch der harmlose SI-Virus in den menschlichen Kreislauf gelangte, dort mutierte und zu jenen tödlichen Symptomen führte, die uns heute in der Krankheit Aids begegnen. Im Krankheitsverlauf unterscheidet man drei Phasen bzw. Intervalle, die sich von der Infektion mit dem HI-Virus bis zum Endstadium Aids erstrecken. Die erste Phase ist die der Neuinfektion, auch die asymptomatische Phase genannt (A HIV-positiv). Circa drei Monate nach der Neuinfektion lässt sich der Virus erstmals im Blut nachweisen. Ein bis drei Wochen nach der Infektion treten in 70 Prozent der Fällen grippeähnliche akute HIV-Erkrankungen (z.B. Müdigkeit, Gliederschmerzen, Durchfall, Erbrechen, geschwollene Lymphknoten etc) auf. Die Attacken des Immunsystems durch den HI-Virus veranlassen den Körper, massiv neue T-Helferzellen zu produzieren. Diese können den Virus jedoch nicht ausmerzen. Je mehr T-Helferzellen produziert werden, umso mehr kann sich der Virus verbreiten und diese Zellen zerstören. So produziert der Körper erneut – ein Kampf, den der Virus am Ende gewinnt. Je geschwächter das Immunsystem ist, umso anfälliger ist der Körper für andere Krankheiten. Doch solange sich CD4-Zellen (Helferzellen) und der Virus die Waage halten, kann der stabile Zustand zwei bis sechs und sogar bis 20 Jahre anhalten. Die zweite Phase tritt dann ein, wenn sog. HIV-assoziierte (opportunistische) Erkrankungen wie hohes Fieber, Pilzbefall, Nervenerkrankungen, Gewebsveränderungen, bakterielle Blutgefäßinfektion sowie Gewichtsverlust auftreten etc. In der dritten Phase spricht man von Vollbild Aids, wenn die opportunistischen Erkrankungen in starkem Maße zunehmen und in regelmäßigen Intervallen von weniger als einem Monat auftreten. Ein Symptom löst das andere ab, der Körper erholt sich nur noch selten endgültig von einer Erkrankung. Starker Gewichtsverlust (sog. Waisting-Syndrom) ist die Hauptfolge der Symptome. Der Körper ist so gebeutelt und geschwächt, dass er nichts mehr aufnehmen kann (vgl. hierzu auch Nais Mason (2009), S. 150). Um festzustellen, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist, hat man Testverfahren entwickelt, wie der sog. CD4-Test. Das ist nicht der eigentliche HIV-Test. Durch diesen Test wird die Anzahl der CD4-Helferzellen gemessen. Da diese besonders gerne vom Virus befallen werden, kann das Stadium von Aids anhand der Zellenzahl bestimmt werden. Ein gesunder Mensch besitzt 500-1500 solcher Zellen pro Kubikmillimeter Blut, Aidskranke haben oft nur 200 bis 80 dieser Zellen (vgl. Nais Mason (2009), S. 206). Die Tests sind auch dann sinnvoll, wenn ein HIV-Test bereits positiv ausgefallen ist. So kann man die medikamentöse Behandlung besser einstellen und erzielt eine größere Wirkung. Bis heute hat man kein Mittel gegen Aids gefunden. Trotz medikamentöser Behandlungen, die symptomverringernd und lebensverlängernd wirken, ist Aids noch nicht heilbar (vgl. u.a. Grill/Hippler (2009), S. 59-63). Namen für HIV-Aids Übertragung und Verhütung Risikogruppen Risikofaktoren
Neben den Risikogruppen bestehen einige Faktoren, die eine HIV-Infektion begünstigen. Die sog. „culture of denial", das Leugnen von HIV und Aids und das Verkennen ihrer Zusammenhänge, führen zur Nichtversorgung vieler Infizierter. Vertritt eine Regierung diesen Standpunkt, zeitigt dies verheerende Folgen, die sich in einer hohen Prävelenz niederschlagen (vgl. Grill/Hippler (2009), S. 53). Die in Teilen Afrikas praktizierte Beschneidung von Jungen und Mädchen, bei der nicht sterile Klingen verwendet werden, können den Erreger übertragen. Polygamie und sog. „Witwenvererbung" bergen ein erhöhtes Risiko einer Verbreitung innerhalb kurzer Zeit. Die meist im südlichen Afrika praktizierte Methode des „dry sex", bei der sich Frauen die Scheidenschleimhäute mit Kräutern und Sand austrocknen, damit der Geschlechtsverkehr vom Mann intensiver wahrgenommen werden kann, führen zu offenen Verletzungen im Genitalbereich und erleichtern eine unmittelbare Übertragung des Virus. Viele Männer, vor allem in Asien, Lateinamerika und Afrika, müssen sich als Fernfahrer oder Wanderarbeiter weit entfernt von ihren Familien verdingen. Selten kommen sie nach Hause zurück und übertragen dann den Virus auf ihre Frauen, nachdem sie sich in den Städten beim Umgang mit Prostituierten infiziert haben (vgl. Nais Mason (2009), S. 112). Einen erschwerenden Faktor stellen religiöse Institutionen wie die Katholische Kirche, christliche Sekten, Freikirchen, islamische Theologen usw. dar, die Kondome als Verhütungsmittel strikt verbieten. „Seid enthaltsam, bleibt treu! Sündigt nicht!" lauten die Parolen. So wird auf Kondome verzichtet, und es kommt zur Übertragung des Virus beim Akt (vgl. u.a. Grill/Hippler (2009), S. 147). Medikamentöse Behandlung Noch gibt es kein Heilmittel gegen Aids. Antiretrovirale Medikamente (ARV’s) können lebensverlängernd wirken und die Symptome des Aids-Syndroms verringern oder erträglicher machen. Mögliche Varianten der Medikamentation sind beispielsweise sog. AZT’s. Das ist der Wirkstoff Azydothymidin, der beim HIV-1Typ eingesetzt wird. Nevirapine werden zur Prävention bei Schwangeren und Gebärenden verabreicht, da es die Übertragung des Virus auf das Kind erschwert. Vagina Gele gilt als unsicher, erschwert jedoch die Aufnahme der Viren über die Schleimhäute. Die Mehrheit der Wirkstoffe verringert die Reproduktion der Viren in den CD4-Zellen und verlängert somit den Kampf des Immunsystems gegen die Viren. Bei gesunder Lebensführung können Menschen, die mit dem Virus infiziert sind, mit Hilfe der ARV’s über Jahre bis Jahrzehnte „gesund" leben, ohne dass die dritte Phase, das Vollbild Aids, eintritt. Die Medikamente sind jedoch durch hohe Patente sehr teuer. Durch den Druck internationaler Organisationen wie UNAIDS werden sie mittlerweile in einigen Regionen kostengünstiger angeboten (vgl. Nasi Mason (2009), S. 140). Das Medikament besteht aus mehreren Wirkstoffen und wird heute als „Tabletten-Cocktail" verabreicht, der gleich auf mehrere Weisen im Körper wirkt. Zu Beginn der Einnahme sind die Nebenwirkungen stark und eingreifend, weswegen die ARV’s von Aidsleugnern als Ursache der Symptome verdächtigt werden. Hat sich der Körper einmal eingestellt, wirken sich die Medikamente positiv auf das Wohlbefinden aus. Sie müssen sehr diszipliniert eingenommen werden, da der Virus schnell und vielfältig mutiert. Sobald die Medikamention unterbrochen wird, kann bei Wiederaufnahme der Wirkstoff gegen die mutierten Virenformen nichts mehr ausrichten. Folgen Bildung HIV und Aids Armut und HIV und Aids Aidskranke Kinder auf der Straße Feinde der Aufklärung
In den Debatten um HIV und Aids geht es immer auch um die Frage der Legitimation, um Wahrheit und um Mythen. Diese stehen einer erfolgreichen Aufklärung entgegen. Die Allmacht des Aberglaubens hat bis heute auch in Europa eine große Macht und schlägt sich negativ auf den Umgang mit der Pandemie nieder. Alte Machtstrukturen, die seit Jahrhunderten in Gesellschaften vorherrschen, erschweren einen aufgeklärten Umgang mit der Krankheit. Sind allein Männer die höchste Autorität in Gesellschaft und Familie, so führt dies nicht selten zur (sexuellen) Unmündigkeit der Frau. In Kulturen, in denen der Vater oder Ehemann als Vormund der Frau gilt, haben diese weinig bis kein Mitbestimmungsrecht, wenn es um ihre Gesundheit und Sicherheit geht (vgl. Nais Mason (2009), S. 108). In Afrika nehmen die Traditionen der Stammesoberhäupter und Medizinmänner starken Einfluss auf den Umgang mit HIV und Aids, wie beispielsweise afrikanische „Chiefs", die eine „Mischung aus halbamtlichen Polizisten und Bürgermeister" darstellen (vgl. hierzu auch Nais Mason, S. 78). Die ursprünglich intakten soziokulturellen Strukturen wurden durch die Kolonialisierung stark in Mitleidenschaft gezogen und funktionieren meist nur noch parallel zu westlichen Strukturen. Somit haben sie rechtlich gesehen wenig Einfluss, spielen aber in Kombination mit Aberglaube und Mythos eine tragische Rolle in der Verbreitung von Aids in Afrika. Die Allmacht eines Medizinmannes schließt die Macht, Aids zu „heilen" mit ein (vgl. Grill/Hippler (2009), S. 54-55). Wo pharmazeutische Medizin versagt, erhofft man sich Hilfe und Trost bei den Ahnen. Kommerzieller, außerehelicher sexueller Kontakt der Männer, wie er teilweise in asiatischen Regionen (z. B. Thailand) verbreitet ist, erhöht das Risiko der Infektion und Ausbreitung der Pandemie. Religion und Glaube spielen bei einer sexuell übertragbaren Krankheit immer eine Rolle und rufen bis heute aggressive Kritik an Verhütungsmitteln hervor. Dies geht soweit, dass Kondome durch die katholische Kirche in aller Öffentlichkeit verbrannt werden. Jeder Kranke gilt als sündig und kriminell. Dies verhindert zum einen Verhütung und führt zum anderen zu Stigmatisierung und Tod von Millionen Menschen. „Es darf einfach nicht sein, dass die Kirchendisziplin höher steht als das Recht auf Leben!" (Bartholomäus Grill, 2009). Die Aids-Debatten werden innerhalb der Kirche sehr erhitzt und kontrovers diskutiert. Die weltweite Kritik an der Rolle der (katholischen) Kirche ebbt nicht ab. Schriften der Kirchenväter werden zur Begründung für die radikale kirchliche Moral zitiert (vgl. Grill/Hippler (2009), S. 170). Die Enzykla Humanae Vitae von Papst Paul VI. aus dem Jahre 1968 wiederholt und bekräftigt das Verbot jeglicher Empfängnisverhütung aufs Neue. Dieses Verbot wurde im Auftrag Papst Johannes Paul II. im „Vademecum für Beichtväter" von 1997 bestätigt. Gemäßigte Stimmen appellieren indes an Verstand und Humanität des Papstes, dem Massensterben durch ein Ende des Kondomverbotes Einhalt zu gebieten. Bis heute überlebt eine so genannte „cultur of denial (Kultur der Verleugnung)". Besonders in Südafrika, dem Land, welches bis heute am meisten für Aids-Aufklärung ausgegeben hat und das die höchste Aidsprävelenz vorweist, findet diese Kultur ihren Nährboden. Aids-Dissidenten wie die Amerikaner Rasnick und Duesberg haben mit ihren Verleugnungscampagnen diese Debatte entfacht. Wildeste Verschwörungstheorien, wie die Rian Malans, füttern die Verleugnungsdebatten und Hetzkampagnen mit immer neuen Geschichten, die belegen sollen, warum es Aids nicht gibt bzw. wen es geplant ausrotten soll. Den Millionen von Infizierten nützen diese Debatten nichts mehr. Sie werden wie 30 Millionen vor ihnen eines Tages an Aids sterben. Die Pandemie muss holistisch, also ganzheitlich, betrachtet werden. Nur so kann sie effektiv bekämpft werden. Moralisierung und Stigmatisierung führen nicht weiter. Mythen
Seitdem das Aidssyndrom in den 80er Jahren auftauchte, ranken sich Mythen und Verschwörungstheorien über seine Entstehung, Herkunft und Auswirkung um die Krankheit. Viele dieser Legenden lassen sich durch gezielte Aufklärung auflösen. Doch sobald kulturspezifische Traditionen davon betroffen sind, erweist sich dies als besonders prekär. In vielen Regionen Afrikas wird an eine Übertragung des Virus durch die Stiche der Kokonyana-Fliege sowie Hexerei, Zauberei und den böser Blick geglaubt. Glaube und Religion spielen im Kontext der Aidsaufklärung eine entscheidende Rolle. Im 16. Jahrhundert wurde in Krankheiten wie die Syphilis die Sündenstrafe Gottes (Paracelsus) gesehen. Der Geschlechtsakt war etwas Unsauberes, Lasterhaftes und eine Strafe somit gerechtfertigt. Das Gleiche geschieht heute bei der Moralisierung von Aids (vgl. hierzu u.a. Grill/Hippler (2009), S. 39-41). In Verschwörungstheorien gilt Aids als Erfindung der Pharmakonzerne, um Afrika ökonomisch ausbluten zu lassen. Andere behaupten, die Pandemie sei bewusst ausgelöst worden, um die schwarzen Afrikaner ausrotten zu lassen. Begriffe wie „Doktor Death" symbolisieren das Böse in Form eines Wissenschaftlers, der im Labor den tödlichen Virus herstellt, um ihn dann in der Welt zu verbreiten. So betrachtet eine Theorie die Polioimpfungen, die während der Kolonialzeit und bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts durchgeführt wurden, als eigentliche Infektion der Afrikaner mit dem Virus. Andere machen die Geheimdienste dafür verantwortlich. Als die lebensverlängernde Medikamention auf dem Markt war, kamen Debatten um deren Wirkung auf. Die letzte südafrikanische Regierung - Thabo Mbeki (Präsident) und Manto Tshabalala-Msimang (Gesundheitsministerin) - deklarierte die ARV‘s für toxisch und blockierte lange Zeit deren Zulassung im Land (Grill/Hippler (2009), S. 74). Der Mythos, der Jungfrauenbeischlaf heile Aids, führt nicht nur zu Tausenden von Neuinfektionen, sondern auch zu massiver sexueller Gewalt an Jugendlichen, Kindern und Säuglingen. In Europa sieht man die Ursache der massiven Verbreitung der Pandemie in Afrika bisweilen im „zügellosen" Sexualleben der Afrikaner. Tatsächlich haben Afrikaner, auf das ganze Leben verteilt, nicht mehr Sexualpartner als Amerikaner, Asiaten oder Europäer (Grill/Hippler (2009), S. 73). Gleichzeitig wird behauptet, der Afrikaner lebe „im Hier und Jetzt" und kümmere sich nicht darum, ob er infiziert werden könne. In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation von Millionen von Haushalten hat der Lebensstil eher mit Hunger und bitterer Armut zu tun. Die meisten Betroffenen können sich nicht einmal eine vitaminreiche Ernährung, geschweige denn Medikamente leisten (Vgl. Nais Mason (2009), S. 174). Der Mythos „Aids ist heilbar" hält sich bis heute hartnäckig. Maßnahmen Kosten Ausblick Literatur Links http://www.presseportal.de/pm/6795/400809/world_vision_deutschland_e_v http://ipsnews.net/news.asp?idnews=43894 http://data.unaids.org/pub/GlobalReport/2008/jc1510_2008_global_report_pp187_210_en.pdf http://www.unric.org/html/german/mdg/index.html http://www.unaids.org/en/KnowledgeCentre/HIVData/GlobalReport/2008/ |
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 17.01.2018 (s. admin) |