Großbritannien / Vereinigtes Königreich
(Text: Hartwig Weber, August 2011)
 

Im August 2011 kam es in Stadtteilen Londons und dann auch in anderen englischen Städten – vor allem in Birmingham, Liverpool, Bristol, Nottingham und Manchester - zu gewalttätigen Ausschreitungen, an denen vor allem junge Menschen beteiligt waren. Häuser und Fahrzeuge wurden in Brand gesetzt und zahlreiche Geschäfte geplündert. Die Vorkommnisse erinnern an die schweren Krawalle der 1970er Jahre in den Banlieus (Trabantenstädten) französischer Metropolen, wo, oft ausgelöst durch einen einzigen Zwischenfall, der Funke ins soziale Pulverfass übersprang und radikale Gewaltakte provozierte. 

Die unverhofften Ausbrüche von Aggression und Zerstörungswut weisen auf längst bekannte, doch hartnäckig  verdrängte und übersehene Problemlagen insbesondere unter der jüngeren Generation hin – Jugendarbeitslosigkeit, Wohnungsmisere und Perspektivlosigkeit. Die eruptive Gewalt zeigt, wie viel Frust und Enttäuschung sich angesichts aussichtsloser Lebenslagen insbesondere in den Milieus der  Unterschicht angesammelt haben. 

Noch nie war in England die Kluft zwischen Reichen und Armen so tief wie heute. Ein Prozent der Bevölkerung besitzt ein Viertel des nationalen Vermögens. Zehn Prozent an der Spitze der Skala haben über hundertmal so viel Vermögen wie die zehn Prozent ihrer Landsleute am unteren Ende. 

Das krasse soziale Gefälle hat verheerende Folgen insbesondere für Kinder und Jugendliche. Immer mehr glauben, kenerlei Zukunftschance zu haben. 13 Prozent der britischen Kinder leben heute in absoluter Armut ("Save the Children"). 61 Prozent der Kinder wachsen in Familien mit minimalem Einkommen auf. Problemfamilien, in denen der Nachwuchs keine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage hat, und insbesondere dunkelhäutige Briten mit dreißigmal höherer Chance als ihre weißen Landsleute, von der Polizei angehalten und durchsucht zu werden, bilden das potentielle Reservoir für Unruhen.

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Letzte Aktualisierung dieser Seite: 19.10.2012 (s. admin)