Kinder- und Jugendschutz in Deutschland (Hartwig Weber, August 2010; die Fotos haben Jugendliche mit Einwegkameras aufgeommen)
Angesichts der rechtlichen Gegebenheiten dürfte es in Deutschland eigentlich keine obdachlosen Kinder und Jugendlichen geben. Denn jeder hat Anspruch auf Unterstützung und Versorgung, auch außerhalb der Familie. In Deutschland ist die UN-Kinderrechtskonvention, die Kindern und Jugendlichen Versorgungs-, Förderungs- und Beteiligungsrechte zuspricht, seit 1992 in Kraft. Auf der Grundlage eines Kinder- und Jugendhilfegesetzes hat das Land ein leistungsfähiges System zur Unterstützung Minderjähriger entwickelt. Leistungen für Jugendliche enthalten auch das Jugendgerichtsgesetz, das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Jugendschutzgesetz) und das Jugendarbeitsschutzgesetz.
Das (seit Oktober 1990 bzw. Januar 1991) geltende deutsche Kinder- und Jugendhilfegesetz hat im Fürsorgeerziehungsrecht, dem Vormundschaftsrecht und dem Armenrecht seine Vorläufer, die 1924 im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz als Fürsorge- und Schutzrecht für Pflegekinder, uneheliche Kinder und „gefährdete und verwahrloste Kinder und Jugendliche" gebündelt wurden. Die staatlichen Bestimmungen räumten der freien Wohlfahrtspflege vor der öffentlichen die Vorrangstellung sowie eine Mitfinanzierung von Seiten des Staats und der Kommunen ein.
Während des Dritten Reiches blieb das Gesetz bestehen. Die auf seiner Grundlage geschaffenen Einrichtungen aber wurden „gleichgeschaltet" und reduziert. 1961 bekam das Gesetz nach verschiedenen Veränderungen und Ergänzungen den Namen „Jugendwohlfahrtsgesetz". Seither trägt der Staat die Gesamtverantwortung für die Kinder- und Jugendhilfe.
1990 trat das „Kinder- und Jugendhilfegesetz" in Kraft, das einen Perspektivwechsel in der Kinder- und Jugendhilfe einleitete, indem es neue Leistungen und Rechtsansprüche formulierte und die Kinder- und Jugendhilfe auf die Jugendämter konzentrierte. Seither lauten deren Handlungsmaximen
- Prävention (Verbesserung der Lebensverhältnisse, niederschwellige und alltagsnahe Hilfen), - Dezentralisierung ((Hilfen in der Lebenswelt des Adressaten), - Alltagsorientierung (Sicherung von Grundbedürfnissen), - Integration (gegen Ausgrenzung und Aussonderung), - Partizipation (Förderung von Beteiligung und Aktivierung) und - Einmischung (Einfluss der Jugendhilfe auf Politik- und Handlungsfelder).
Was die Arbeit mit Kindern- und Jugendlichen der Straße betrifft, so verpflichtet das „Kinder- und Jugendhilfegesetz", das als SGB VIII ins Sozialgesetzbuch integriert wurde, die Jugendämter dazu, stellvertretend für Eltern, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen, zur Hilfeleistung für Minderjährige. Die Jugendarbeit muss helfen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen herzustellen. Aufsuchende Jugendarbeit bemüht sich um die Förderung ihrer Entwicklung und bietet sozialpädagogische Hilfen an, die eine schulische und berufliche Ausbildung, die Eingliederung in die Arbeitswelt sowie soziale Integration ermöglichen.
Die Jugendämter sollen also zur sozialen Integration von Straßenjugendlichen beitragen. Nach §§ 27 – 35 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes müssen Eltern notfalls Hilfen bei der Erziehung gewährt werden. Gefährdete Kindern und Jugendliche haben einen rechtlich verbrieften Anspruch auf angemessene Wohnverhältnisse, auf sozialpädagogische Hilfen sowie individuelle und ambulante Betreuung. In schwierigen Fällen soll eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung die soziale Integration und eine eigenverantwortliche Lebensführung gewährleisten. Im äußersten Fall soll eine „Inobhutnahme" als Krisenintervention diejenige sozialpädagogische Hilfe gewähren, die auf anderem Weg nicht zu leisten ist.
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http://www.kindex.de/pro/index~mode~gesetze~value~kjhg.aspx
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