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Asien

 
 

Kinder und Jugendliche in Russland 

Der Anteil der 15- bis 29-Jährigen an der Gesamtbevölkerung betrug in Russland im Jahr 2007 etwa 36 Prozent. Sie sind die erste Generation, die in im postsowjetischen Russland aufwächst. Die moderne Jugend strebt nach Unabhängigkeit, Eigenverantwortung, Mobilität, Bildung und Verbesserung ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Andererseits gibt es immer mehr junge Menschen, die drogenabhängig werden und an AIDS oder Tuberkulose erkranken. Die Zahl der traumatisierten Kinder und Jugendlichen hat zwischen 1991 und 2002 stark zugenommen. Junge Leute haben immer weniger Interesse an politischen, sozialen und kulturellen Fragen. Angesichts aussichtsloser Lebenslagen werden viele gewalttätig und destruktiv. Behinderte junge Menschen, Waisenkinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien fühlen sich entwertet und ausgegrenzt.

 

In kaum   einem anderen Land der Welt nimmt die Bevölkerung so rasch ab wie in  Russland. Seit 1996 ist die Bevölkerung um 7 Millionen (das entspricht der   Einwohnerzahl der Schweiz) auf heute 142 Millionen Menschen geschrumpft. Seit dem Ende der UdSSR droht sich der Staat aufzulösen. Nach Prognosen soll es im Jahr 2050 nur noch 100 Millionen Russen geben. Einer der wichtigsten Gründe   für den Bevölkerungsrückgang ist die hohe Zahl der Abtreibungen. Fast eine   Million Schwangerschaftsabbrüche zählten die Behörden im Jahr 2012. In derselben Zeit gab es nur 1,8 Millionen Geburten.

(DIE ZEIT, 6. Dezember 2012, S. 19)

 

Was ihren Bildungsstand betrifft, so überragen viele junge Russen ihre Altersgenossen in den OECD-Ländern. Bildung hängt von der Region des Landes ab, in der man lebt. Regional stark beeinflusst sind auch Lebenserwartung, Gesundheit und Lebensstandard. Hinsichtlich der Bildung überragen junge Frauen junge Männer fast durchweg. Die Stadt Moskau und Umgebung und das Tjumener Gebiet gelten als die am meisten entwickelten Gebiete Russlands (vgl. UNESCO, GTZ, Moskau 2005).

 

Jugendarbeitslosigkeit. Die Rate der Jugendarbeitslosigkeit ist sehr hoch und weiter im Steigen begriffen. Im europäischen Teil Russlands und in den Städten fällt sie geringer aus als im asiatischen Teil und in ländlichen Gegenden. Der Staat versucht mit Sonderprogrammen gegenzusteuern. Jährlich werden 20 000 Berufschulabsolventen durch Förderprogramme in den Arbeitsprozess eingegliedert.

 

Nach dem Zerfall der Sowjetunion ist die Zahl der Adoptionen russischer Kinder sprunghaft angestiegen. Nach Regierungsangaben wachsen dort mehr als 650 000 Kinder ohne Vater und Mutter auf. Entweder sind sie Waisen, oder ihre Eltern sind ihrer Verantwortung nicht gewachsen. Im Jahr 2011 lebten 100 000 von ihnen in völlig überfüllten Kinderheimen. Im selben Jahr haben US-amerikanische Familien etwa 1000 russische Kinder adoptiert. Seit 1. Januar 2013 ist es US-Bürgern verboten, russische Kinder zu adoptieren. Mit dieser Bestimmung reagierte Russland auf ein US-Gesetz, das Russen die Einreise in die USA untersagt, wenn sie verdächtigt werden, gegen die Menschenrechte verstoßen zu haben.

(DIE RHEINPFALZ, 18. Januar 2013, S. 2)

 

Kriminalität. Die Kriminalität unter Kindern und Jugendlichen ist hoch. Viele sind alkohol- und drogenabhängig. Unter ihnen stößt man auf Kinder von sechs oder zehn Jahren. Im Jahr 2005 wurden 9500 Minderjährige wegen verschiedener Verbrechen festgenommen, 109 000 wurden wegen Ordnungswidrigkeiten aufgegriffen (vgl. de.rian.ru/society/20050914/41396891.html). Straffällige unter 14 Jahren werden in geschlossene Bildungsstätten eingewiesen, 14- bis 18Jährige landen in Besserungsanstalten oder Jugendgefängnissen. Noch Ältere werden wie Erwachsene behandelt.

 

Straßenkinder. Im Hintergrund der Jugendprobleme stehen oft zerrüttete Familien und Alkoholkonsum der Eltern. Die Not treibt viele Kinder und Jugendliche auf die Straße. Die Zahl der Straßenkinder in Russland wird auf eine Million geschätzt. Die meisten von ihnen sind kriminell. Allein in Moskau werden jährlich über 28 000 Kinder auf der Straße aufgegriffen. Nur die wenigsten von ihnen können zu ihren Eltern nach Hause gebracht werden. Ein Drittel der Straßenkinder geht der Prostitution nach.


Drogen. Von den 14- bis 18Jährigen trinken fast 90 Prozent der Jungen und noch mehr Mädchen regelmäßig Alkohol. Umgekehrt ist es beim Drogenkonsum. Doppelt so viele Jungen wie Mädchen nehmen Rauschgift. In Moskau soll es 600 000 bis eine Million Drogenabhängige geben. Die meisten von ihnen - etwa 70 Prozent - sind Jugendliche. 90 Prozent der Abhängigen sind mit Hepatitis infiziert. Die Zahl der HIV-Infizierten - unter ihnen etwa 7000 steigt beständig.


Landesweit geht man davon aus, dass 70 % der Abhängigen Jugendliche und junge Erwachsene sind. 90 % der Moskauer Drogenabhängigen haben sich mit Hepatitis angesteckt. Auch die Zahl der HIV-Infizierten steigt an. 6645 Kinder gelten landesweit als infiziert (vgl.

http://www.inter-pedagogika.ru/shapka.php?sect_type=11&menu_id=94&section_id=1483&alt_).

2005 hat die russische Regierung das Programm "Umfassende Maßnahmen im Kampf gegen den Missbrauch von Drogen und den illegalen Drogenhandel für die Jahre" beschlossen. Ziel der politischen Maßnahme steht ist die Überwindung von Armut und die Unterstützung sozial schwacher Gruppen, insbesondere von Kindern, Frauen und kinderreichen Familien. Im Land gibt es etwa 650 Universitäten und Hochschulen, an denen Sozialpädagogik gelehrt und Sozialpädagogen ausgebildet werden. Etwa 1750 soziale Dienste sind tätig, die Linie sozial-psychologische Hilfe für Kinder und Jugendliche leisten. Besonders problematisch ist die Integration ausländischer Kinder und Jugendlicher. Zuwanderungsströme kommen aus Kasachstan, Usbekistan, Ukraine, Kirgisistan und Armenien sowie aus Deutschland, Israel, den USA, Lettland, Litauen und Estland (vgl. www.gks.ru/free_doc/2007/b07_11/05-09.htm). Von staatlicher Seite werden Maßnahmen unternommen, um vor allem Flüchtlingskinder, allein erziehenden Müttern und Großfamilien zu helfen.

 

Links und Literatur
- Wolfgang Schlott, Klaus Bednarz (Hg.): Die enterbte Generation. Russische Jugend nach der Perestroika. Leipzig, 1994;

- AWO Bundesverband e.V. (Hg.): Jugendhilfe in Russland. Grundlagen und Konzepte. Bonn 2003;
- Irina Scherbakowa (Hg.): Russlands Gedächtnis. Jugendliche entdecken vergessene Lebensgeschichten. edition Körber-Stiftung, Hamburg, 2003;
-  Lage der Jugend in Russland. Studie der UNESCO in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH. Download der kompletten Studie auf der Website der UNESCO Russland: www.unesco.ru/files/docs/educ/Report_Condition_of_russian_Youth.pdf.

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 14.01.2013 (s. admin)Online Kompetenz  |  Sitemap  |    |