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Amerika

Kinder und Jugendliche in Mexiko
(Hartwig Weber, 2012)

Perspektivlosigkeit
Unter den wirtschaftlichen Problemen des Landes, Verarmung der Bevölkerungsmehrheit, Korruption und Perspektivlosigkeit, leiden vor allem die Jugendlichen, die sich selbst als „generación del desastre“ („Katastrophengeneration“) bezeichnen. Etwa 60 bis 70 Prozent aller Mexikaner sind arm. 50 bis 60 Prozent der Armen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Ihnen fehlt jegliche Perspektive für eine bessere Zukunft, Kriminalität und Gewalt erscheinen nicht selten als Ausweg.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist dreimal so hoch wie die allgemeine Arbeitslosigkeit. „Doch auch wenn das Misstrauen und die Verbitterung gegenüber dem staatsautoritären, neoliberalen System (…) den Ton angeben – mögen sie (die Jugendlichen) sich als Punks, Feministinnen, politische oder apolitische StudentInnen bezeichnen –, so verharren sie dennoch keineswegs im ‚No-Future-Diskurs‘. Vielmehr haben sie sich aktiv auf die Suche nach einer eigenen Identität gemacht, kämpfen verzweifelt um Veränderungen und haben eben doch zumindest ein großes Idol: Marcos und die zapatistischen RebellInnen.“ (siehe (http://www.lateinamerikanachrichten.de/index.php?/artikel/2100.html)

Ihr erklärtes Vorbild sind die Rebellen, das Ereignis, auf das sie sich beziehen, der zapatistische Aufstand vom Januar 1994 und die blutige Offensive des mexikanischen Militärs im Februar 1995 in Chiapas. „Unsere Verbrüderung mit der zapatistischen Bewegung basiert vor allem auf dem Bewusstsein, keinen Platz in dem Gesellschaftsprojekt der neoliberalen Reformen zu haben“, heißt es in der Jugendzeitschrift La Guillotina (vgl. ebenda). Was die Jugendlichen ablehnen, sind die etablierte Politik, der Staatsautoritarismus, Klientelismus und Korruption. Auch die Oppositionsparteien gelten bei ihnen als „bürokratisch und korrupt“.

Die allermeisten Jugendlichen aber sind desillusioniert und apolitisch. Verbreitet ist der Konsum von Alkohol und Drogen. Der Traum vieler ist es, in die USA zu emigrieren - ungeachtet der Tatsache, dass Hungerlöhne und Rassismus sie dort erwarten.

Wenige Jugendliche insbesondere aus der Unterschicht schließen sich in den „movimientos urbano-populares“ oder der Punkbewegung zusammen. Durch Hausbesetzungen versuchen sie, auch Straßenkindern und Straßenjugendlichen eine Bleibe zu schaffen, die sie selbst verwalten können. Die mexikanischen Punks setzen Theater, Musik und Graffitis als Waffen gegen das etablierte System ein.

Jugendliche der oberen Mittelschicht hingegen sind konservativ und neoliberal wie ihre Eltern, sie orientieren sich am US-amerikanischen Way of Life und imitieren die Kultur der „Ersten Welt“.

Gewalterfahrung
Wie überall in Lateinamerika, so leiden die Kinder und Jugendlichen, die auf der Straße leben, unter Gewalt und Hoffnungslosigkeit. Häufig geraten Kinder zwischen die Fronten des Drogenkrieges. Mit 40 000 wird die Zahl der Kriegswaisen angegeben. Tausende sind in den vergangenen Jahren bei bewaffneten Auseinandersetzungen, insbesondere bei Abrechnungen zwischen einzelnen Jugendbanden, gestorben.

Mehrere Tausend Minderjährige sitzen in Gefängnissen, nachdem sie sich von den Drogenkartellen verdingen ließen. Angeblich arbeiten 30 000 Kinder und Jugendliche als Drogenkuriere, Aufpasser, Boten und Killer. Die meisten haben diese Aufgaben freiwillig übernommen, andere sind zwangsweise rekrutiert worden.

12 bis 13 Jahre alt sind die Jugendlichen meist, wenn sie von der Mafia rekrutiert werden. In den Schulen werden Ranzen nach Waffen und Kleider nach Drogen durchsucht. Anti-Drogen-Tests sollen den Rauschgiftkonsum unter Minderjährigen zurückdrängen. Ciudad Juárez gilt als mörderischste Stadt der Welt. Unzählige Kinder dort haben ihre Eltern verloren, manche mussten mit ansehen, wie ihre Väter entführt oder ermordet wurden. Nun möchten sie möglichst schnell groß und selbst „Killer“ werden, um sich rächen zu können. 

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Letzte Aktualisierung dieser Seite: 27.10.2012 (s. admin)Online Kompetenz  |  Sitemap  |    |