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Straßenkinder im Senegal (von Ndèye Fatou Guèye Juni 2010)
Früher stellten Straßenkinder ein marginales Phänomen dar, doch heute ist es zu einem weltweiten Problem geworden, das im Wesentlichen die armen Länder betrifft, wie auch Senegal, das kein großes Land ist. Seine Fläche beträgt 196.722 Quadratkilometer; 94 Prozent der Bevölkerung leben in Armut.
Dakar ist die Hauptstadt und beherbergt mehrere Nationalitäten. Viele der Kinder leben auf der Straße aus Gründen wie Armut, Arbeitslosigkeit, Verstädterung, zerbrochene Familien, schlechte Versorgung und Misshandlung. Andere kommen als wirtschaftliche Flüchtlinge über die Grenzen. Die zunehmende Flucht vom Land auf die Straßen der großen Städte macht viele der Auswanderer zu Armen, und sie begegnen dort mehr Fremden als Menschen ihrer Ethnie.
Wenn sie in die Städte kommen, haben sie nichts, und sie wissen nicht, womit sie eine Wohnung mieten sollen. Daher leben sie unter schlimmsten Bedingungen und haben keinen Zugang zu Hilfsmitteln. Unter dieser Lebensweise leiden die Kinder am meisten.
Es gibt Koranschulen, die in den Dörfern „Daara" genannt werden. Eltern bringen ihre Kinder dorthin, damit ihnen die Lehrer den Koran lehren. Die Lehrer verlassen mit den Kindern die Dörfer, um sie in den Schulen in der Stadt zu unterrichten. Aber anders als es sich die Eltern gedacht haben, beuten die Lehrer die Kinder aus, verurteilen sie zu einem Leben in Betonblocks, setzen sie Gewalt, Drogen und der Prostitution aus und lassen sie in Händen von Männern ohne Skrupel zurück. Diese zwingen sie zu betteln, und sie müssen jeden Tag 500 Francs CFA abgeben, sonst drohen ihnen Strafen. Also laufen die meisten der Kinder davon. Ohne Dach über dem Kopf, mit nichts zu Essen kämpfen sie jeden Tag ums Überleben.
Es gibt viele dieser Kinder auf der Straße: Sie sind davongelaufen als Folge der schlechten Behandlung, die sie durch ihre Familien oder ihre Lehrer (Koranschulen) erfahren haben. Sie sind junge Arbeiter, oft ortsfremd, sie arbeiten als Schuhputzer, Müllsammler, Gepäckschlepper etc. Sie sind Bettler und junge Mädchen, welche ihr Dorf verlassen haben, um in die Stadt zu kommen und als Dienstmädchen zu arbeiten. Sei sind Kinder, die ihre Eltern begleiten, verbunden mit vielen illusionären Vorstellungen; sie sind Kinder, von denen die Mehrheit sehr bald auf der Straße endet.
Häufig erzählen die Kinder, dass sie auf der Straße sicherer sind und lieber dort bleiben, als irgendeiner Einladung eines Heimes oder einer Einrichtung zu folgen. So schlafen sie auf den Bordsteinen und sind Entbehrungen wie z.B. dem Hunger ausgesetzt. Weder finden auf der Straße die erhoffte Freiheit, noch Schutz vor Müdigkeit, Hunger, Krankheiten und sexuellem Missbrauch.
Die Zahl der Kinder der Straße steigt Tag für Tag an. UNICEF zufolge beherbergt Dakar mehr als 150.000 Straßenkinder, 50.000 halten sich durch Bettelei einigermaßen über Wasser. Ab sechs Uhr morgens bevölkern die Fünf- bis Fünfzehnjährigen die Straße, gekleidet in Lumpen und zitternd vor Kälte.
Souleymane Souleymane ist ein kleiner Junge von 9 Jahren, der sein Dorf Kidira, in dem er geboren wurde, im Alter von fünf Jahren verlassen hat, um in die Koranschule in Dakar zu gehen. „Eines Tages war ich betteln, und habe nichts als Almosen bekommen. Und dann bin ich zurück zur Koranschule gegangen. Mein Lehrer hat mich fürchterlich zusammen geschlagen, sodass ich damals einen großen Hass auf ihn hatte, und heute noch sieht man die Narben auf meinem Körper. Danach habe ich mich verdrückt, und seitdem lebe ich auf der Straße, wo ich mich lebendig fühle und in Sicherheit."
Modou Modou ist 14 Jahre als. Er lebt mit seiner Mutter auf der Straße, seitdem sein Vater sie verlassen hat. Er hat keine andere Wahl als zu betteln, um zu überleben. Bei Dämmerung suchen sie sich eine kleine Ecke, wo sie die Nacht verbringen. Wenn die Polizei eine Patrouille macht, haben sie ein Problem. Deswegen sucht Modou sich von Zeit zu Zeit Arbeit als Schuhputzer. Denn er hat nicht vor, sein ganzes Leben mit seiner Mutter auf der Straße zu verbringen.
Omar Omar ist ein 12 Jahre alter Junge, der davonlief, als ihn seine Mutter verprügelte und misshandelte. Seit diesem Tag ist er nie mehr zu ihr gekommen. Jetzt lebt er auf der Straße, wo er Freunde gefunden hat und als Müllsammler arbeitet.
Glücklicherweise gibt es für diese Kinder der Straße Betreuungseinrichtungen wie die SOS Kinderdörfer oder NGO’s, welche sich um Unterkunft, Schutz und die Rehabilitation der Kinder der Straße kümmern. Sie setzen sich für ihr Wohlergehen ein und versuchen, sie vor dem Grauen der Straße zu retten. Trotz intensiven Bemühens ist es schwer, den Kindern der Straße gerecht zu werden, denn die Fälle sind unterschiedlich, ihre Zahl unermesslich groß.
Trotz des gesetzlichen Verbots der Bettelei geht der Staat nicht unmittelbar gegen jene „Marabouts" vor, die die Kinder ausbeuten und missbrauchen. Denn im Senegal haben die Marabouts großen Einfluss auf das Volk. Ihre Meinung ist bei Wahlen oft ausschlaggebend.
In der Bevölkerung ist die Bereitschaft, Armen zu helfen, weit verbreitet. Man bringt Opfer oder gibt Almosen – Geld, einen Sack Reis oder dergleichen -, um eine göttliche Pflicht zu erfüllen. Dennoch wird die Zahl der Straßenkinder keineswegs kleiner.
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