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Murambatsvina (Maren Basfeld, Februar 2011)
Am 19. Mai 2005 wurde die Operation „Murambatsvina" von der ZANU-PF im Auftrag der Regierung Mugabes durchgeführt. Betroffen waren Townships und „Informal Settlements" (Siedlungen der Armen am Rande der Städte aus Bretterbuden und Wellblech) um die Städte Harare und Bulawayo. „Murambatsvina" wird ins Englische mit „drive out the filth" übersetzt und war somit eine ethnische Säuberung. Die UN und Kofi Annan forderten die sofortige Einstellen der Operation sowie Entschädigungszahlungen. Die Wiedergutmachungsversuche der Regierung wurden „Operation Garikai" oder „Rebuilding and Reconstruction" genannt (vgl. Zimbabwe Report 2009, http://rds.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs09/zimbabwe-260309.doc, S. 181).
700.000 Menschen verloren durch diese Operation ihre Häuser, Verkaufsstände und Märkte. Die Behausungen der Ärmsten wurden mit Bulldozern eingerissen und ihre Bewohner innerhalb von Minuten gezwungen, auf offenem Feld oder auf der Straße unter freiem Himmel zu leben (circa 20 Prozent, 144 000 der Betroffenen). Viele verließen die Stadt und zogen zurück aufs Land (weitere 20 Prozent), wo sie bis heute in bitterer Armut leben. Ein andere Teil kam bei Verwandten und Freunden (circa 30 Prozent, 170 000 Personen) oder in Kirchen und Hilfsorganisationen (weitere 30 Prozent) unter. Mugabe ließ die Kirchen von der Polizei räumen, sodass den Flüchtlingen oft nur Institutionen und Camps in Südafrika als Zufluchtsort blieben. (vgl. Zahlen und Fakten aus dem Zimbabwe Report 2009, S. 181).
Augenzeugenberichten zufolge sperrten die Soldaten der ZANU-PF Flüchtlinge in Camps unter dem Vorwand, sie dort mit Lebensmitteln und Trinkwasser zu versorgen. Die Camps bestanden aus eingezäunten Feldern ohne Zelte. Die Menschen durften die Camps nicht verlassen, litten Hunger und Durst und erhielten keine medizinische Betreuung. Lebensmittelspenden durch die UN wurden selten genehmigt und erreichten so gut wie nie die Bedürftigen (vgl. http://www.youtube.com/watch?v=aTh0OHL-G60).
Betroffen waren vor allem Kinder, Witwen und Menschen, die mit HIV und Aids lebten oder kranke Verwandte versorgten. Ziel von „Murambatsvina" war es, die Gesellschaft von Kranken und Kriminellen zu säubern, den „Abschaum" zu beseitigen. Die Segregation und soziale Ausgrenzung durch die Regierung Zimbabwes wurde damit erfolgreich intensiviert.
Nicht zuletzt in dieser Operation spiegelt sich Mugabes Wahn wider, der Polizisten und Soldaten auf die Kinder und Jugendlichen der Straße hetzt und diese zur Zwangsarbeit auf Farmen und in den Youth Militia Camps verschleppen lässt, um die Straßen „sauber" zu halten. Viele Minderjährige leben versteckt im Wald, in zerstörten Häusern oder sind zurück aufs Land gegangen, um den Razzien zu entkommen. Sie leiden unter Gewalt und Vergewaltigungen, die von den Soldaten ausgeübt werden. Den Heimat- und Mittellosen bleibt nichts anderes übrig, als betteln zu gehen, um zu überleben. Per Gesetz ist dies jedoch ab sechzehn Jahren verboten, sodass vor allem die Mädchen in diesem Alter der Prostitution nachgehen, um sich und ihre Familie durchzubringen. Bis heute wurden längst nicht alle zerstörten Häuser, wie von der Regierung mit der „Operation Garaki" versprochen, durch neue ersetzt oder die Opfer entschädigt - trotz des Drucks aus dem Ausland und aller Forderungen, die Menschenrechte einzuhalten.
Human Rights Watch (HRW) veröffentlichte im Dezember 2005 einen ausführlichen Bericht zu den Folgen der Operation und stellte fest, dass gezielt die Schwächsten der armen Bevölkerung aus der urbanen Region vertrieben wurden (vgl. http://www.hrw.org/en/node/11512/section/4).
Zimbabwe Lawyers for Human Rights (ZLHR) schätzt, dass Millionen Menschen von der Operation betroffen waren. Die Versorgung mit Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten brach für 2,5 Millionen völlig zusammen (vgl. http://www1.umn.edu/humanrts/research/ZIM%20Operation%20Murambatsvina.pdf).
Fast drei Millionen Menschen waren im September 2005 in Simbabwe auf Lebensmittelpakete angewiesen, mehr als 20 Prozent der Erwachsenen sind mit HIV infiziert (HRW, 2005). Human Rights Watch sieht einen engen Zusammenhang mit den „Landreformen", bei denen Menschen vertrieben wurden und der Boden unter ausgewählten Farmern (meist ZANU-PF Mitglieder) neu verteilt wurde.
Der MDC vermutet, dass die Operation ein Vergeltungsschlag Mugabes gegen die Opposition war, da viele der Slumbewohner bei den letzten Wahlen gegen ihn gestimmt hatten. Humanitäre Hilfe für die Vertriebenen und Arbeitslosen wurde von Mugabe verweigert. Er leugnet die Notstände im Land und meint, mit fester Hand gegen jenen „Abschaum" und Kriminelle vorgehen zu müssen, um den „in Würde" lebenden Rest der Bevölkerung zu schützen. (vgl. http://www1.umn.edu/humanrts/research/ZIM%20Operation%20Murambatsvina.pdf).
Wie viele heimatlose und vertriebene Kinder nach „Murambatsvina" zu Straßenkindern wurden, ist nicht bekannt. Fest steht jedoch, dass sie unter menschenunwürdigen Bedingungen, ständiger Gewalt und Missbrauch leben müssen. „Operation Restore Order", wie „Murambatsvina" auch genannt wurde, war menschenunwürdig und verletzte die Menschenrechte aufs heftigste (vgl. http://www.independent.co.uk/news/world/africa/un-urges-halt-to-illegal-zimbabwe-eviction-campaign-499866.html, 23.Juli 2005).
Seit 2010 drohen neue Vertreibungen. Sie betreffen Personen, die nach Murambatsvina Häuser bekommen hatten. Wenn sie die fälligen Lizenzen nicht bezahlen, werden sie von ihrem Land vertrieben, ihre Häuser sollen niedergerissen werden. Unter den Bewohnern des sog. Hatcliffe Extantion (15 bis 20.000 Bewohner) von Harare soll die Arbeitslosenquote 90 Prozent bertragen (vgl. http://www.amnesty.org/en/library/asset/AFR46/017/2010/en/e02bdabe-703a-4bd6-a569-b410136b3764/afr460172010en.html).
Links und Literatur
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