Afrika
- Länderbericht Südafrika
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Länderbericht Südafrika historischer, politischer, sozialer Hintergrund (Text und Fotos: Maren Basfeld)
Inhaltsverzeichnis
Südafrika, das Land der elf Nationen und Sprachen, der modernsten Verfassung der Welt, einer atemberaubenden Natur- und Tiervielfalt, die täglich Tausende Touristen ans Kap und in die vielen Wildreservate lockt, ein schönes, stolzes, reiches und vielfältiges Land, ist afrikanisch und europäisch zugleich. Es wird auch Regenbogennation genannt. Schwarze, Weiße, Farbige, Inder und Asiaten, Moslems, Christen, Hindus und Juden leben seit 1994 frei, gleichberechtigt und unter dem Schutz einer demokratischen Regierung nebeneinander.
Rasch könnte man vergessen, dass Südafrika auch ein Land des Elends, des Hungers, der Armut, der Kriminalität, Gewalt und des Todes ist.
Johannesburg, Südafrikas Wirtschaftsmetropole im Norden des Landes, ist die Stadt mit den meisten Aidskranken und -toten der Welt. Armut und Arbeitslosigkeit sowie Kriminalität beherrschen den Alltag. Täglich sterben hier Menschen an Aids (HIV und Aids, Aidswaisen) oder bei bewaffneten Überfällen, Kinder und Frauen werden vergewaltigt oder erleben andere massive Gewalt (innerfamiliäre Gewalt).
Gleichzeitig ist die Stadt Ankunftsort illegaler Einwanderer, von Flüchtlingen (Flüchtlingskinder) aus ganz Afrika und von Familien auf der Suche nach einem neuen, besseren Leben (Landflucht). In den letzten Jahren ist der Flüchlingstrom aus dem Nachbarland Zimbabwe stetig angestiegen. Bis zu 50.000 Flüchtlinge versuchen monatlich die Grenze zu überqueren, um Mugabes Terrorregim und der Gewaltausübung seiner Partei Zanu-PF zu entkommen. Die Stadt kann die Menschenströme nicht mehr fassen. Viele der Flüchtlinge vegetieren wochenlang in Behelfsunterkünften dahin - manche kehren sogar wieder nach Zimbabwe zurück.
Im Stadtteil Hillbrow leben die meisten dieser Menschen in überfüllten Wohnungsblöcken oder auf der Straße ohne Hoffnung auf einen festen Wohnsitz, ein Einkommen und Sicherheit.
Soziodemographische Daten
Staatsform
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Präsidialrepublik mit föderalen Elementen
Unabhängigkeit von England am 31. Mai 1910
Verfassung von 1994, 22. April 1994 erste demokratische Wahlen, 1. Präsident Nelson Mandela
Allgemeines Wahlrecht ab 21
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Staatsoberhaupt
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Präsident Jacob Zuma
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Einwohner
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48,8 Millionen (2008)
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Bevölkerungsdichte
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40 Einwohner pro km² (2008)
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Wachstumsrate
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-0,8% (2008)
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Kindersterblichkeit
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58,26 Todgeburten/1000 Geburten, davon 50% durch HIV/Aids (2008), es werden 18 Kinder auf 1000 Einwohner geboren, die Kindersterblichkeit liegt bei 6,1% (2008)
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Amtssprache n
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Afrikaans , Englisch , isiNdebele , isiXhosa , isiZulu , Nord-Sotho (Pedi), Süd-Sotho , Setswana , Siswati , Tshivenda , Xitsonga
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Hauptstadt
( Regierungssitz )
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Pretoria
(Exekutive: Pretoria Legislative: Kapstadt Judikative: Bloemfontein )
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Religion
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80% Christen, 15% traditionell, 1,5% Moslems, 1,3% Hindi, 0,2% Juden, 2% andere
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Ethnische Gruppen
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79% Afrikaner, 9,4% Weiße, 9% Farbige, 2,6% Inder/Asiaten (2008)
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Bevölkerungsverteilung
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60% der Bevölkerung lebt in den Städten, 40% auf dem Land (2008)
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Durchschnittliche Lebenserwartung
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43 Jahre (2008) bei Frauen wie bei Männern
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Fläche
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1.221.037 km²
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Größte Städte
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Johannesburg 3,9 Millionen, Kapstadt 3,5 Millionen (2007), Durban 3,5 Millionen (2007)
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Alphabetisierungsgrad
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87% der über fünfzehnjährigen männlichen wie weiblichen Südafrikaner können lesen und schreiben
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Besiedelung Südafrikas
Seit Jahrtausenden besiedelten mehrere afrikanische Bantustämme Südafrika, die im Laufe der Zeit in verschiedenen Regionen sesshaft wurden. Als am 6. April 1652 die ersten holländischen Schiffe unter Jan van Riebeeck im Auftrag der Ostindischen Kompanie (VOC) das Kap erreichten, war diese Region von den KhoiKhoi und San (Buschmännern) bewohnt, die von Vieherden und Jägerei lebten. Im Laufe der Jahrzehnte kamen neben den Holländern Nordeuropäer sowie Hugenotten, die in Europa ihren Glauben nicht mehr praktizieren konnten, an das Kap. Es entstanden Siedlungen, in die auch Frauen aus Europa zogen. Es wurde Handel mit den KhoiKhoi betrieben, um die gesunde Ernährung der Handelsreisenden nach Indien zu sichern. Europäer gingen Beziehungen mit den Einheimischen ein und schlossen Ehen. Dies war die Geburtsstunde der sog. Coloureds (Farbigen).
Durch den Bevölkerungszuwachs wurden immer mehr Menschen benötigt, die die Arbeit der Besiedelung, auf dem Feld und des Transportes der Handelswaren bewerkstelligten. Da man kriegerische Auseinandersetzungen mit den Einheimischen vermeiden wollte, holte man Sklaven aus dem Ausland. So kamen knapp zehn Jahre nach der Kapbesiedelung Menschen aus Indien, Malaysia, Indonesien und Ostafrika ins Land, aus denen die sog. Kapmalaien hervorgingen. Die Regenbogennation entstand.
In diese Kulturvielfalt brachen zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewaltsam die Engländer ein, die das blühende Kap für sich entdeckt hatten und Südafrika kolonialisierten. Sie vertrieben die Buren in kriegerischen Auseinandersetzungen (Burenkriege) vom Kap in das Innere des Landes. Damit begannen die Konflikte mit den Ngunistämmen, der Zulu und Xhosa, die die Ostküste sowie den Norden bewohnten. Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Zulus unter der Führung ihres mächtigen Häuptlings Shaka zur Großmacht geworden, die militärisch den vorrückenden Buren die Stirn bieten konnte. Auf Grund der verschiedenen kriegerischen Auseinandersetzungen zogen Schwarze wie Weiße auf der Suche nach einer neuen Heimat durchs Land - ein Jahrhundert der Orientierung und des Blutvergießens. Bis heute treten soziale Konflikte bedingt durch die Vergangenheit zu Tage, und die Völkerverständigung ist in Südafrika täglich eine neue Herausforderung.
Apartheid Als 1948 die National Party der Buren die Wahlen gewann, begann die Zeit der Apartheid, der Trennung zwischen Schwarz und Weiß, ein Terrorregime, das bis zur Befreiung Nelson Mandelas 1989 andauerte und mit der Aufhebung des Verbotes des ANC (African National Congress, seit 1994 Regierungspartei) endete. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Schwarze in allen Lebensbereichen unterdrückt, gefoltert, willkürlich verhaftet und ermordet. Bis heute ist das Bild Südafrikas in der Welt von dieser Verganenheit geprägt.
Die sog. Bantuerziehung wurde eingeführt, die den Schwarzen das Recht auf freie Bildung nahm. H. F. Verwoerd führte diese Politik durch eine territoriale Aufteilung Südafrikas mit strenger Hand fort. Er verabschiedete die sog. homeland policy, durch die die ethnischen Gruppen in die unfruchtbaren Gegenden umgesiedelt wurden. Bestimmte Regionen Südafrikas wurden zu Territorien für die verschiedenen schwarzen Stämme, die meist ohne Infrastruktur und Wasser-, geschweige denn Stromversorgung fernab der Städte im Landesinneren lagen. Diese Gebiete wurden zu unabhängigen Homelands erklärt. Ziel der Politik war es, den Bewohnern der Homelands politische Freiheiten und das südafrikanische Bürgerrecht abzusprechen. In den Homelands sollten die Schwarzen nach Rasse und Kultur getrennt leben. Sie durften sich nur mit Arbeitserlaubnis in den weißen Städten aufhalten. Arbeitswege von Hunderten von Kilometern waren üblich sowie stundenlange Fußmärsche oder Fahrten mit öffentlichen Transportmitteln. Das Familienleben wurde unter diesen Umständen stark belastet. Väter und Mütter kehrten von einem langen Arbeitstag nicht zurück, hinterließen Kinder und Angehörige ohne Nachricht. In den Homelands gab es zu wenige Arbeitsplätze, und doch stiegen die Einwohnerzahlen, da auch Verwoerds Nachfolger Johannes Vorster die Umsiedelungspolitik weiter vorantrieb. Das Elend in den Homelands vergrößerte sich in den 60er Jahren zusehends. Familien, Sippenverbände und Clans wurden auseinadergerissen, Tausende von Menschen verloren ihre Heimat, ihren Besitz und ihre Kultur.
Die Passgesetze ( pass laws) beschnitten die Bewegungsfreiheit der Schwarzen. Sie konnten nicht an die Ränder der Städte umsiedeln, um sich die langen Anfahrtswege zu sparen und bessere Chancen auf Arbeit zu haben. Dazu brauchten sie Sondergenehmigungen, die in ihre Pässe eingetragen werden mussten. Viele konnten nicht lesen, da ihnen der Besuch von Schulen außerhalb der Bantuerziehung verboten war. Meist waren ihre Pässe nicht vollständig, weil sie sie selbst nicht nachprüfen konnten. Ein unvollständiger Pass bedeutete Gefängnis und Tod. Viele Tausende Menschen verschwanden und wurden nie mehr gesehen.
Seit Ende der Apartheid (1994) stellt sich Südafrika die Frage, wie es als moderne Gesellschaft den Widerspruch zwischen Arm und Reich, Gewalt und Frieden sowie Selbstbeschreibung und sozialer Wirklichkeit aufheben kann.
Landflucht und Verstädterung Die Menschen strömen aus den ehemaligen Homelands in die Städte und verelenden in den shack areas und informal settlements (Slums), die sich an die Townships am Fuße der Städte täglich vergrößern. Die Dort herrschende Armut ist erdrückend. Kinder wachsen ohne Schule und medizinische Versorgung auf. Die Eltern sind arbeitslos, sei es wegen des überfüllten Arbeitsmarktes, wegen Krankheit (im Besonderen HIV/Aids) oder weil sie illegal ins Land einreisten. Kinder und Jugendliche treibt es zum Betteln auf die Straßen in den Städten, wo sie dem Elend so gut wie nicht entrinnen können.
Politische Konflikte Die politische Geschichte Südafrikas ist geprägt von der Auseinandersetzung mit der Gleichberechtigung oder Behauptung der elf ethnischen Einheiten. 1991 erklärte de Klerk die Gesetzte der Apartheid offiziell für abgeschafft und versprach, dass eine neue Verfassung erarbeitet und freie Wahlen ausgeführt werden. Der Weg für Freiheit und Demokratie war geebnet, doch bis heute liegen auch politisch die Schatten der Apartheid über dem Land.
Im Mai 1992 wurden die vier Homelands Transkei, Ciskei, Bophuthatswana und Venda wieder in Südafrika eingegliedert. De Klerk und Mandela wurde der Friedensnobelpreis verliehen. Am 27. April 1994 fanden die ersten allgemeinen Wahlen statt. Dabei erlangte der ANC eine fast zwei Drittel Mehrheit im Parlament, welches Nelson Mandela am 9. Mai 1994 zum Präsidenten wählte. Bis zum heutigen Tage, am 22. April 2009 fanden die vierten demokratischen Wahlen statt, regiert der Präsident unter der Partei ANC die Präsidialdemokratie Südafrika.
Soziale Aspekte Als im Jahre 1994 am 11. April Nelson Mandela unter dem ANC zum Präsidenten der Republik Südafrika gewählt wurde, versprach er, eine Million RDP-Houses zu bauen. Das Reconstruction Developement Programme subventioniert den Bau von Häusern für südafrikanische Familien, um den immer größer werdenden sog. Informal Settlements entgegen zu wirken. Von den versprochenen Millionen Häusern sollen 900.000 bis zum Jahre 2000 gebaut worden sein. Doch die immer größer werdende Landarmut zwingt bis heute viele Familien in den Städten nach Arbeit zu suchen. Man versucht dem Herr zu werden, doch leidet die Qualität der Häuser darunter erheblich. Die meistens zwei Räume großen, quadratischen Häuser stehen dicht aneinander gedrängt, zu Hunderten in geraden Reihen und beherbergen eine meist fünf bis siebenköpfige Familie. Der Versuch, die Wohnungsungleichheit und Armut im Land auszugleichen, stellt sich als fast unrealisierbar dar. Man hat erkannt, dass neben der Quantität die Qualität längerfristig genauso beachtet werden muss und Mindeststandards gesetzt, nach deren Kriterien die Häuser errichtet werden sollen. Die RDP-Houses werden nur an südafrikanische Staatsbürger vergeben, die beweisen können, dass sie kein Heim oder nur eine Elendshütte bewohnen. Flüchtlinge und illegale Einwandere vegetieren weiter in Hütten aus Wellblech und Plastikplanen dahin. Zu viel Regen schwämmt die Hütten weg. Zu viel Sonne heizt das Blech auf. Die winterliche Kälte der Monate Juni bis September fordert immer wieder Erfrierungsopfer gleichzeitig aber auch Flächenbrände, da mit offenen Feuern geheizt und gekocht wird. 7,5 Millionen Menschen leben in Südafrika ohne feste Behausung.
Die soziale Ungleichheit im Land ist ein Problem, dass sich nicht einfach in einem Jahrzehnt überwinden lässt. Zu viele Faktoren und Ursachen spielen dabei eine Rolle. Neben der Armut, der durch die Apartheid bedingte Analphabetismus bei der schwarzen Bevölkerung, die schlechte Bildung vieler, die hohe Arbeitslosigkeit und das damit einhergehende Elend der Kinder, die in Armut und auf der Straße leben, sind die hohen Kriminalitätsraten ein massives Problem. Heute zählt die Megastadt Johannesburg zu der gefährlichsten der Welt, aber auch Durban, Pretoria und Kapstadt sind trotz hoher Polizeipräsenz kein sicherer Ort.
Menschenrechte Die bis heute bestehende soziale Ungerechtigkeit (ökonomische Apartheid) verweigert vielen Menschen in Südafrika ein würdiges Leben nach den Gesetzen der Menschenrechte. Kinder werden von ihren Eltern zum Stehlen in die Städte geschickt, oder als Prostituierte verkauft, Mütter gehen auf den Strich, um sich und ihre Familien durchzubringen, Väter werden zu Kleinkriminellen, das Klauen von Autos ist ein boomendes Geschäft. Des Weiteren floriert der Drogenhandel. Umfragen von November 2008 zählten 200.000 arbeitende Kinder im Land.
Mit einem drei Jahres Plan bemüht sich das Department of Justice and Constitutional Development bis zum Jahre 2012 mit dem Projekt "Strengthening the capacity of Civil Society" um die landesweite Umsetzung der Menschenrechte und der Verbesserung der sozialen Bedingungen im Land.
http://www.disabilityworld.org/April-May2000/Children/SAfrica.htm
www.un.org/ecosocdev/geninfo/afrec/vol14no4/htm/houses.htm
http://www.sahistory.org.za/pages/places/villages/homelands/homelands.htm
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